Historischer Überblick
1879 bis in die Gegenwart
Von Gregor Decker, Richter am Amtsgericht a.D.
Gründungstag des Amtsgerichts Düren ist der
01. Oktober 1879.
An diesem Tag traten die königlich-preußischen Verordnungen über die Errichtung von Amtsgerichten (Verordnung vom 26.07.1878) und die Bildung der Gerichtsbezirke (Verordnung vom 05.07.1879) in Kraft. (RGBl. v. 27.01.1877, Seite 41).
Quelle: Stadt- und Kreisarchiv Düren
Gleichzeitig wurden durch diese Verordnungen die während der Zeit der französischen Besetzung der Rheinlande (1794 bis 1814) entstandenen und nach deren Übergang an Preußen beibehaltenen Friedensgerichte u.a.in Düren und Nideggen aufgehoben. An ihre Stelle trat das Amtsgericht mit gegenüber den ausschließlich für Bagatellsachen zuständigen Friedensgerichten erheblich erweiterten Zuständigkeiten in der Zivil- und Strafrechtspflege.
Zu dem Amtsgericht Düren gehörte unter anderem auch ein für schwerwiegendere Strafsachen zuständiges Schöffengericht als gemeinsames Schöffengericht für die Bezirke der Amtsgerichte Jülich, Gemünd und Blankenheim. Der eigentliche Bezirk des Amtsgerichts Düren umfasste das Gebiet des damaligen Kreises Düren.
Das Amtsgericht Düren nahm am 06.10.1879 seine Tätigkeit auf. Sein Personal bestand damals aus vier Richtern, zwei Referendaren, drei Rechtsanwälten, vier Gerichtsschreibern, drei Hilfsschreibern, vier Gerichtsvollziehern und einem Gerichtsdiener. Es tagte zunächst, wie zuvor das Friedensgericht, im alten Dürener Rathaus am Markt, da die Genehmigung des Kaufabschlusses für das neue Gebäude in der Jesuitengasse noch nicht von Berlin eingetroffen war. Dies muss jedoch schon kurz danach der Fall gewesen sein, denn am 22.10.1879 zog das Gericht in das Gebäude des früheren Jesuitenkollegiums in der Jesuitengasse Nr. 9 - später 11 - (im Foto oben) mit dem gegenüber gelegenen Gerichtsgefängnis. Schon bald reichten jedoch die Räumlichkeiten in der Jesuitengasse nicht mehr aus, denn infolge des weiteren Aufblühens der Industrie des Dürener Landes stieg die Einwohnerzahl im Gerichtsbezirk ständig an.
Hatte der Gesamt-Bezirk im Jahre 1885 noch 75.965 Einwohner, so waren es im Jahre 1925 bereits 116.119. Dieser Anstieg hatte wiederum ein Anwachsen der Zahl der gerichtlichen Verfahren verbunden mit einem höheren Personal- und Raumbedarf zur Folge. So wurden bereits am 23.05.1914 einige Abteilungen des Gerichts in das freigewordene frühere Schulgebäude der Katholischen höheren Töchterschule in der Schützenstraße 16 verlegt (Foto).
Der Raumbedarf wuchs in den folgenden Jahren jedoch ständig weiter, so dass Ende der 20er Jahre mit der Planung eines Neubaus des Amtsgerichts begonnen wurde. Im Tauschwege erhielt der Justizfiskus für die Justizgebäude in der Jesuitengasse ein städtisches Grundstück am Hoeschplatz.
Während des Nationalsozialismus
Das Richtfest für das neue Gerichtsgebäude fand am 25.02.1939 statt. Dies geschah zu einer Zeit, in der die Justiz in Deutschland in Folge der national-sozialistischen Machtergreifung am 30.01.1933 mit Gesetzen konfrontiert wurde, die "staatliches Unrecht förderten und auch forderten". Die allgemeine Verstrickung der Justiz in national-sozialistisches Unrecht ist vielfach untersucht und publiziert worden. Untersuchungen betreffend das Amtsgericht Düren liegen bisher nicht vor. Durch den Ausbruch des 2. Weltkrieges erlitt der Bau nebst Gefängnisneubau nachhaltige Verzögerungen und konnte erst 1942 endgültig fertiggestellt werden.
Schon vor der Fertigstellung, nämlich im November 1941, wurde der Neubau - zumindest teilweise - bezogen. Nicht lange blieb das neue Gebäude unversehrt. Es bekam schon bald die Kriegsfolgen zu spüren.
Bei dem 24. Fliegerangriff auf Düren am 30.04.1944 wurde das Gebäude durch in der Nähe niedergehende Sprengbomben beschädigt. Im Oktober 1944 erfolgte erneut eine Beschädigung durch Artillerietreffer.
Am 16.11.1944, dem Tag, an dem die britische Luftwaffe mit 474 Bombern die Stadt Düren angriff und mit Bomben im Gesamtgewicht von ca. 2750 Tonnen die Innenstadt völlig zerstörte, wurde das Amtsgerichtsgebäude im Vergleich zu seiner Umgebung nur gering beschädigt. In seinem Keller, dessen Fenster durch Schutzmauern gesichert waren, überlebten die dorthin geflohenen Justizbediensteten - ca. 20 Personen - den Angriff. Nach dem Angriff, der wahrscheinlich 3.126 Tote forderte, verließ die noch verbliebene Bevölkerung zum größten Teil die Stadt, die am 25. Februar 1945 von amerikanischen Truppen eingenommen wurde.
Nach dem Krieg
Am 15.09.1945 konnte das Amtsgericht seine Tätigkeit wieder aufnehmen. Das Amtsgericht Düren war das am besten erhaltene Behördenhaus in der Stadt. Es stand der Bevölkerung unter anderem als "Wärmestube" zur Verfügung. Der große Sitzungssaal des Gerichts diente neben seiner originären Zweckbestimmung auch als Raum für Versammlungen, Vorträge und musikalische Veranstaltungen.
Um dem kahlen, nur durch eine Notbeleuchtung erhellten Raum ein freundlicheres Aussehen zu geben, beschlossen die unmittelbar interessierten Behörden - Amtsgericht, Stadt- und Kreisverwaltung - eine Ausmalung des großen Sitzungssaales, die dem Dürener Künstler Jean Schmitz übertragen wurde.
Die Stirnwand des Saales hinter der Richterbank erhielt ein Bild des Erzengels Michael, die den Erzengel in Ausübung seines Richteramtes zeigte.
Flankiert wurde der Engel von großflächigen Wappen der Stadt und des Kreises Düren. Die gegenüber liegende Rückwand des Saales schmückte ein Bild des alten Dürener Rathauses, das bis 1879 auch Gerichtsstätte war .Schließlich zog sich über drei Saalwände unter der Decke ein Fries mit den Schöffensiegeln der im Kreis Düren liegenden Ämter hin. Die Ausmalung wurde später im Rahmen einer Renovierung des Sitzungssaals übertüncht.
Das Amtsgericht der Gegenwart:
1986 wurden einige Abteilungen sowie die Ausbildung in die Holzstraße verlegt. In der ehemaligen JVA Düren entstanden im Herbst 2000 zusätzlich 310 qm Räume und ein Sitzungssaal für das Amtsgericht. Nach dem Ausbau des Dachgeschosses waren 2006 alle Abteilungen wieder unter einem Dach vereint.
Nach schrittweiser Einführung der "elektronischen Akte" ab dem Jahr 2021 ist das Amtsgericht Düren auf dem Weg zu einer modernen, digitalen Behörde,
Das Amtsgericht Düren hat 142 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter im aktiven Dienst (Stand:01.06.2022).
Quelle: Gregor Decker/Heinz-Peter Müller/Stadtmuseum Düren, Manfred Neukirchen
Die drei Bezeichnungen der
Dürener Justizbehörde seit 1879:
Königlich Preußisches Amtsgericht Düren 1879 – 1918
Preußisches Amtsgericht Düren 1918– 1934
Amtsgericht Düren 1934 -1945
Amtsgericht Düren 1946 - heute
Anfänge der Gerichtsbarkeit
in Düren
von 747 bis 1879
Ein kurzer Überblick
von H.-Peter Müller
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1278 | Vogt leitet die Verwaltung und das Gericht in Düren. Im Krieg führte er das Lehens- aufgebot des Landes. |
| 01.10.1375 |
1420 | Erste Regelungen zur örtlichen Zuständigkeit in der Gerichtsbarkeit. |
11.10 1491 | Erste Erwähnung von Hexenprozessen im Herzogtum Jülich – in Düren ab 1509. |
| 19.12.1509 |
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| 07.07.1661 |
| 1707 Zunächst Folter-Werkzeug und Stätte der Prügelstrafe (Stäupen), erlangten Pranger ab dem 13. Jahrhundert weite Verbreitung zur Vollstreckung von Ehrenstrafen. Der Pranger diente den Städten auch als äußeres Zeichen der Gerichts-barkeit." |
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| 06.06.1795 |
1797 | Friedensgerichte werden u.a. in Nideggen und Düren eingerichtet. |
22.09.1797 | Düren wird Sitz eines Obergerichts für Gebiete des Herzogtums Jülich. |
1803 | In Düren gilt das französische Recht |
01.01.1807 | Code de procédure civil (CPC). |
1810 | Das Kataster wird in Düren eingerichtet. |
Code penal 1810 |
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14.01.1814 | Die Französische |
Quelle:Datei:LR Departements.png - https://de.wikipedia.org
Bevölkerung beharrt auf französischem Recht
Nach dem Abzug der Franzosen war der französische Einfluss in Düren vorbei, hatte aber tief greifende Veränderungen hinterlassen. Besonders auf dem Gebiet der Verwaltung und Justiz wollte die Bevölkerung auf die vielen Errungenschaften aus der Franzosenzeit nicht verzichten.
So blieb z.B. der Code Civil - oder auch Code Napoleon genannt- als erste bürgerliche Gesetzessammlung in Kraft. Erst 1900 wurde der Code Civil dort, wo er im Deutschen Reich noch galt, vom Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB) abgelöst.
Wiener Kongress
18. September 1814 bis 09.Juni 1815
unter der Leitung des österreichischen Außenministers Fürst von Metternich
Quelle:Datei:Prince Metternich by Lawrence.jpeg - https://de.wikipedia.org 1.4.2015
Mit der Proklamation vom 5. April 1815 nahm König Friedrich Wilhelm III. Besitz von den ihm auf dem Wiener Kongress zugesprochenen Gebieten. Damit war das überwiegende Gebiet des heutigen Nordrhein-Westfalen preußisch geworden und seit dem Zerfall des Karolinger-reiches wieder erstmals politisch vereint.
08.06.1815
Unterzeichnung der Wiener Kongressakte
Preußen erhielt entgegen den ursprünglichen Plänen und Erwartungen nicht ganz Sachsen, sondern nur den nördlichen Teil, der zum Teil der neuen Provinz Sachsen zugeschlagen wurde.
Dafür erzielte es im Westen erhebliche Gebietszuwächse und konnte die Rheinprovinz sowie die Provinz Westfalen errichten. Im Osten kamen Posen und die Stadt Danzig hinzu, dafür verlor Preußen die Gebietsgewinne aus der dritten Polnischen Teilung und zum Teil auch zweiten Polnischen Teilung. Die Versetzung Preußens an den Rhein ist eine der fundamentalsten Tatsachen der deutschen Geschichte, eine der Grundlagen der Reichsgründung von 1866/1871.“
Gerichtsbezirk Düren seit 1816
Der Landkreis Düren wurde am 24.04.1816 durch die preußische Verwaltung gebildet (Amtsblatt der Regierung Aachen Nr. 1,1816).
„Aus den Kantonen Düren und Froitzheim sowie aus Teilen der Kantone Linnich, Monschau, Eschweiler und Kerpen wurde der neue Kreis Düren im Jahre 1816 gebildet. Dieser war identisch mit dem Gerichtsbezirk Düren.“
Zum Kreis Düren gehörten neben der Stadt Düren die Gemeinden Langerwehe und Weisweiler sowie die 22 Bürgermeistereien Arnoldsweiler, Binsfeld, Birgel, Birkesdorf, Bürvenich, Drove, Echtz, Froitzheim, Füssenich, Kelz, Lamersdorf, Merken, Merzenich, Nideggen, Niederzier, Nörvenich, Nothberg, Pier, Sievernich, Straß-Bergstein,
Stockheim und Wollersheim.
Vergl. Strauch,Rheinische Gerichte, S. 256 f., 292 f; Brüll, Chronik der Stadt Düren, Kap.8.
Entstehung der
Rheinprovinz 1822
"Nach dem Sieg der Alliierten über Napoleon 1814 wurden diese Gebiete vom Zentralverwaltungsdepartement provisorisch verwaltet. Aus einem Teil des Territoriums wurden 1816 der bayerische Rheinkreis (Rheinpfalz) und die hessische Provinz Rheinhessen gebildet, die nördlich davon liegenden Gebiete kamen zu Preußen und gehörten zunächst den beiden Provinzen Jülich-Kleve-Berg und Großherzogtum Niederrhein an, aus denen 1822 die Rheinprovinz entstand."
"Das Oberpräsidium der Rheinprovinz war der Sitz des Oberpräsidenten der preußischen Rheinprovinz in Koblenz. Heute ist es Sitz der Struktur- und Genehmigungsdirektion Nord und des Oberlandesgerichts Koblenz. In unmittelbarer Nähe befindet sich das ehemalige preußische Regierungsgebäude für den Regierungsbezirk Koblenz."
Sitz des Oberpräsidenten der Rheinprovinz, also der Provinzialregierung, war Koblenz.
Zusammenlegung 1822
Mit der Einführung der Gemeindeordnung für die Rheinprovinz von 1845 wurden die meisten Bürgermeistereien des Kreises in mehrere Gemeinden untergliedert. Düren erhielt 1856 die Rheinische Städteordnung. Im Kreis Düren bestanden seitdem auf einer Fläche von 563 km² 25 Bürgermeistereien mit insgesamt 89 Gemeinden
Quelle:
http://de.wikipedia.org/wiki/Kreis_D%C3%BCren_(1816%E2%80%931971)2.4.2015
Quelle:Datei:WienBundeskanzleramt.jpg - https://de.wikipedia.org
Quelle:Wiener Kongress - https://de.wikipedia.org
Quelle: Linkes Rheinufer - https://de.wikipedia.org
Quelle:Datei:Congress of Vienna.PNG - https://de.wikipedia.org
alle Stand 11.3.2015
Tribunale der 1. Instanz
wurden in "Kreisgerichte" umbenannt.
"Ein Kreisgericht war im Königreich Preußen neben dem Stadtgericht von 1849 bis 1879 Vorläufer des Amtsgerichts im Deutschen Reich. Das Land- bzw. Stadtgericht war in Preußen von 1808 bis 1849 Vorläufer des Kreisgerichts, vor 1808 hieß dieses unterste Gericht Domainen-Justiz-Amt."
Kreisgerichte
"Vor dem Jahr 1849 war die Gerichtsorganisation in Preußen heterogen gewesen.
Dabei wurde teilweise ebenfalls die Bezeichnung Kreisgericht gewählt.
So war in den preußischen Provinzen Jülich-Kleve-Berg und Großherzogtum Niederrhein das "Kreisgericht" von 1814 bis 1820 Name der bisherigen französischen Tribunale 1. Instanz. 1820 wurden diese aufgelöst und durch Landgerichte ersetzt."
Das Kreisgericht war in Aachen, der Appellationshof war in Köln .
1867: Der Deutsche Bund löste sich auf, der durch Preußen beherrschte Norddeutsche Bund wird gegründet.
Nach französischen Gebietsforderungen verbündeten sich die süddeutschen Staaten mit Preußen in Defensivbündnissen, die Basis für den Deutsch-Französischen Krieg 1870 / 71, aus dem das Deutsche Kaiserreich 1871 entstand.
Anfänge der Staatsanwaltschaft
"Der Ursprung der Staatsanwaltschaft liegt in Frankreich, wo die Staatsanwälte aus den fiskalischen Beamten (gens du roi, avocats généraux, procureurs du roi) hervorgingen. Im Mittelalter wurde diesen Beamten auch die Strafverfolgung übertragen, und so entwickelte sich in Frankreich die strafprozessuale Tätigkeit der Staatsanwaltschaft (Parquet) als deren hauptsächliche, wenn auch nicht ausschließliche Aufgabe.
Nach diesem Vorbild wurden in Deutschland erstmals im frühen 19. Jahrhundert Staatsanwaltschaften tätig.
Mit den Reichsjustizgesetzen von 1877 wurde eine einheitliche Ausgestaltung der Institution Staatsanwaltschaft erreicht und diese mit erheblichen Rechten ausgestattet."
Quelle: Staatsanwaltschaft - https://de.wikipedia.org 1.4.2015
1874: Am 1. Oktober wurden in Preußen Standesämter, Zivilehe und Scheidung ein-geführt.
Mit dem Inkrafttreten des Reichsgesetzes über die Beurkundung des Personenstandes und die Eheschließung vom 6. Februar 1875 wurden zum 1. Januar 1876 einheitlich im damaligen Reichs-gebiet Standesämter mit der besonderen Aufgabe der Führung von Personenstandsregistern (Geburt-, Heirats-, und Sterberegister) eingerichtet.
Seit diesem Zeitpunkt kann nun die Ehe bürgerlich-rechtlich auch nur noch vor dem Standesbeamten eingegangen werden.
Quelle:Oberpräsidium der Rheinprovinz - https://de.wikipedia.org
Quelle:Kreisgericht (Preußen) - https://de.wikipedia.org
Quelle: Kreisgericht (Preußen) - https://de.wikipedia.org
Quelle:Standesamt - https://de.wikipedia.org
alle Stand.1.3.2015
Quelle:Datei:Napoleon - 2.jpg - https://de.wikipedia.org 14.3.2015 |
Weitere Quellen: Stadt- und Kreisarchiv Düren, Rechtsanwalt Gerber Dürener Geschichtsverein, Dürener Zeitung, A. Trostorf, Amtsgericht Düren HausIntraNet des Amtsgerichts Düren , H.P.Müller